Kesch-Trek: viertägiges Wandererlebnis der Extraklasse!

Abgelegene Täler, gut genährte Murmeltiere, sympathische SAC-Hütten und mittendrin der markante Piz Kesch: während vier Tagen führt der Kesch-Trek durch wunderschöne Gebirgslandschaft vom Flüela- zum Albulapass und bietet dabei ein abwechslungsreiches und – dafür, dass bereits Ferienzeit ist – erstaunlich einsames Wandererlebnis. Als Zückerchen wartet mit dem Schwarzhorn auch für Gipfelstürmer ein lohnendes Ziel in beachtlicher Höhe.

Zum Aufwärmen ein 3000er

Die Anreise aus dem Berner Oberland zieht sich. Wir gönnen uns deshalb eine Übernachtung im Hospiz auf dem Flüelapass und können so am nächsten Morgen zeitig losmarschieren. Auch wenn sich das Wetter heute eher noch grau in grau präsentiert, wollen wir mit einem kleinen Umweg das Flüela Schwarzhorn besteigen. Nach einem kurzen Stück entlang der Passstrasse steuern wir also bei der ersten Weggabelung die Schwarzhornfurgga an. Bald schon finden wir uns in einer wunderschönen Landschaft wieder, geprägt von Alpenblumen, schroffen Felsen und Restschneefeldern. Gemächlich führt der Wanderweg immer höher, bis wir nach rund zwei Stunden die Furgga erreichen. Dort deponieren wir unsere Rucksäcke, um die verbleibenden 300 Höhenmeter etwas leichtfüssiger zu erklimmen.

Im Aufstieg zum Flüela Schwarzhorn

Bis zu oberst bietet das Schwarzhorn keine besonderen Schwierigkeiten – ein richtig schöner, gemütlicher Wander-3000er! Einzig mit ein paar Schneefeldern muss man um diese Jahreszeit noch rechnen, sie sind aber alle gut gespurt und problemlos passierbar. Beim Gipfelkreuz angelangt, wartet eigentlich ein tolles Panorama. Nur heute ist leider nichts zu wollen: die Wolken umzingeln uns hartnäckig. Da wir noch ein paar Kilometer vor uns haben, ist unsere Geduld entsprechend beschränkt, weshalb wir uns halt langsam wieder an den Abstieg machen. Unterwegs treffen wir einen neugierigen, jungen Steinbock – es sollte erstaunlicherweise das einzige Exemplar des Bündner Wappentieres bleiben, das wir auf unserem Trekking antreffen.

Hübsches Seeli zwischen Schwarzhorn und Fuorcla RadöntWieder mit Gepäck am Rücken steigen wir in das von kleinen Seen geprägte Bödeli ab. Trotz den Wolken ist es ziemlich warm, was auch dem Restschnee zusetzt. Dies wiederum lässt uns vermehrt einsinken und drückt etwas auf unser Tempo. Irgendwann haben wir dann die Einmündung auf den breiteren Wanderweg zur Fuorcla Radönt doch noch erreicht und steigen ab dort wieder etwas flotter zum Pass hoch. Wir bleiben anschliessend auf dem oberen Weg, welcher relativ lange der Höhenkurve folgt und zwei, drei gröbere Geröllfelder quert. Im Nachhinein hätten wir wohl besser nach dem Pass den bequemeren unteren Weg gewählt. Schlussendlich führen aber beide zu unserem ersten Etappenziel, der Chamanna da Grialetsch.

Im Reich der Murmeltiere

Rund um die Grialetsch-Hütte wimmelt es nur so von beinahe handzahmen Murmeltieren. Man müsse sie zurzeit fast mit dem Besen aus der Hütte vertreiben, meint die Hüttenwartin. Mit steigender Anzahl Besucher, insbesondere solchen mit Hunden, würden sich die Nager dann langsam wieder etwas zurückziehen.

Entspanntes Grialetsch-Murmeli Murmeli bei der Grialetschhütte Murmeli bei der Grialetschhütte

Wir ziehen uns nach einer währschaften Portion Spaghetti in unser Schlafgemach zurück, um tags darauf bei Zeiten wieder los zu ziehen. Vorbei an Bergseen und Kuhwiesen steigen wir in den Dürrboden ab und holen uns die vernichteten Höhenmeter beim Aufstieg auf den Scalettapass gleich wieder. Mich freuts, dass entgegen dem Namen keine Treppenstufen zu bewältigen sind – im Gegenteil: wir befinden uns auf einem Weg sowohl für Wanderer als auch für Biker. Trail-Toleranz, die Bündner machens vor, bravo!

Abstecher zu den Ravais – Seen

Kurz nach dem Pass hat man die Wahl, ins Val Funtauna abzusteigen oder auf einem etwas schmaleren Höhenweg weiter zu ziehen. Wir entscheiden uns für letzteren, auch weil wir noch einen Abstecher zu den Lai da Ravais machen wollen. Dafür muss man etwa 45 Minuten rechnen. Belohnt wird man mit zwei wunderschönen, tief blauen Bergseen, die zum Verweilen einladen. Von Chants aus lassen sich die Seen auch in einer bequemen Rundwanderung via Keschhütte als Tagestour besuchen, weshalb wir hier nun etwas mehr Leute antreffen als auf dem restlichen Trek.

Lai da Ravais

Runter ins Tal oder hoch durch die Tür?

Auch die Keschhütte selbst ist gut besucht: von Wanderern und Bergsteiger über Biker, von Einzelgängern über Familien bis zu Grossgruppen ist alles vertreten. Wir haben beim Abendessen einen Fensterplatz mit Sicht zum Piz Kesch und beginnen mit dem alpinen Übergang durch die Porta d’Es-Cha zu liebäugeln. Laut dem Hüttenwart wäre der Aufstieg über den Gletscher dank des guten Trittschnees wohl noch die letzten Tage ohne Steigeisen möglich. So verlockend es auch klingt, ist mir das ganze ohne Ortskenntnisse dann doch etwas zu vage. Lieber zu einem späteren Zeitpunkt die lohnende Hütte noch einmal besuchen und mit der entsprechenden Vorbereitung und Ausrüstung gleich den Piz Kesch in Angriff nehmen!

Porta d'Es-cha und Piz Kesch

Hitzeschlacht an der Fuorcla Pischa

Statt Aufstieg wartet tags darauf also zunächst der Abstieg zur Alp Chants auf uns. Ich ahne schon, dass heute einige Schweissperlen fliessen werden – die Temperaturen sind bereits am frühen Morgen beängstigend hoch! Auf der ausgedehnten Alp Plazbi scheinen sogar die Kühe bereits verzweifelt in den spärlich vorhandenen Schatten zu flüchten. Unser Weg führt – natürlich ohne Schatten – immer tiefer ins Tal hinein, zunächst schön flach, bis er aber abrupt in die Horizontale wechselt. Steil erklimmen wir, Kuhtritt um Kuhtritt und in unzähligen Serpentinen, den oberen Teil der Alpwiese. Auf rund 2600 Meter ändert sich die Umgebung schlagartig und wir finden uns in einer alpinen Steinwüste wieder. Ich mag solches Gelände und bin froh, können wir durch einige abkühlende Schneefelder stapfen. Man sollte meinen, dass es in dieser doch schon beträchtlichen Höhe langsam etwas kühler wird, aber noch auf der Fuorcla Pischa (2871m) fliesst der Schweiss in Strömen. Dies liegt einerseits sicher am sehr steilen Schlussaufstieg, vor allem aber an der absoluten Windstille und der erbarmungslos auf uns niederglühenden Bergsonne. Unnötig zu erwähnen, dass ich mir auf dieser Etappe noch den Sonnenbrand meines Lebens (trotz LSF 50) geholt habe…

Gewitterwolken türmen sich aufBis zur Chamanna d’Es-cha ist es nicht mehr weit und bald schon können wir uns beim Hüttenbrunnen erfrischen und ein schattiges Plätzchen auf der Terrasse ergattern. Bei einem Käse- und Salsizplättchen geniessen wir die wunderbare Aussicht auf die Berninagruppe und schauen den Gewitterwolken zu, wie sie sich immer höher auftürmen. Für einen Regenguss hat es schlussendlich dann doch nicht gereicht, aber zum Abendessen zügeln wir trotzdem in die heimelige Hüttenstube. Zum krönenden Abschluss unseres Trekkings bekommen wir selbstgemachte, unglaublich leckere Pizzoccheri serviert. Ich habe so viel davon verputzt, dass ich – zum ersten Mal in meiner SAC-Hüttengeschichte – auf das Dessert verzichten muss!

Regulär würde der Keschtrek am Albulapass, resp. nach dem Abstieg nach Preda oder Bergün, enden. Da wir aber unseren Graubünden-Aufenthalt noch etwas verlängern, nehmen wir die Direttissima nach Zuoz runter und lassen uns mit der RhB ins nächste Bergabenteuer chauffieren. Viva la Grischa!

 

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