“Morgen reicht der spätere Bus”, denke ich mir am Vorabend. Schliesslich sind es nur zwei Haltestellen bis zum Spot und dort bleiben immer noch rund 35 Minuten bis zum Sonnenaufgang. Als ich tags darauf beim Verlassen des Hotels in den Himmel schaue, trifft mich fast der Schlag: überall glüht es schon rot!
Ich renne fast zur Haltestelle – sinnlos, als würde der Bus deswegen früher losfahren. Im Gegenteil: hier treffen sich die entgegen fahrenden Kurse und die beiden Chauffeure scheinen fuchtelnd etwas ganz wichtiges besprechen zu müssen, was ich mangels Italienischkenntnissen leider nicht verstehe. Ich bin drauf und dran, “meinem” Chauffer auf Berndeutsch zu sagen, ob er nicht vielleicht ENDLICH losfahren könnte, und er denn nicht SEHE, dass der Himmel BRENNE!
Nun gut, mit fünf Minuten Verspätung geht es dann endlich los auf die kurze Fahrt, die sich für mich aber wie eine Ewigkeit anfühlt. Ich gehe innerlich bereits die kleinen Pfade am Spot durch, welche ich zum Glück ganz gut kenne. Aus dem Bus gesprungen, über den Parkplatz geeilt, beim Blick zu den Autos schmunzelnd festgestellt, dass Thomas auch mal wieder hier ist (…es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass wir uns hier stets treffen…) und dann nichts wie in den zuvor gedanklich auserkorenen Pfad eingebogen.
Ich erkenne von weitem Christoph auf der Felskannte stehen. Mit ihm war ich tags zuvor unterwegs und wir haben uns lose hier zum Sonnenaufgang verabredet. Ich gehe jedoch nicht zu ihm rüber, weil ich im vorbeigehen eine Perspektive sehe. Ich bleibe aprupt stehen, werfe meinen Rucksack ab, fummle Stativ mit der einen und Kamera mit der anderen Hand heraus. Kamera montiert, fokussiert, “klick”, ins Hochformat gedreht, fokussiert, “klick”, vorsichtig einen Schritt weiter dem Abhang entgegend, neu fokussiert, “klick”. Phu, ok, ich habe zumindest ein paar Schnappschüsse gemacht.
Ich eile zur Felskannte rüber, wo Christoph und die anderen mich grinsend begrüssen. Sie sind bereits am zusammen räumen, das Licht ist aus. Grossartig sei es gewesen, erzählen auch Pia, Roland und Matthias, welche wenig später zu uns hochkraxeln. Mein Herz blutet ein bisschen und gleichzeitig muss ich ab meiner kolossalen Fehleinschätzung “der spätere Bus reicht heute” lachen. Manfred und Thomas spendieren mir anschliessend noch einen Kafi (vielen Dank nochmals!) bevor ich mit dem nächsten Bus zurück zum Hotel fahre. Nach dem Frühstück werfe ich einen Blick auf die Bilder und bin sofort versöhnt: die in der Eile aufgenommen ersten paar Fotos sind tatsächlich gelungen. Das Licht ist noch da, die Perspektive erfrischend anders als was ich bisher dort fotografiert habe und Fokus & Einstellungen haben gepasst. Nochmals Schwein gehabt. Und trotzdem merke ich mir für die Zukunft: NEIN, der spätere Bus reicht NICHT!
Übrigens: kommt euch die kleine Insel bekannt vor? Genau, es ist dieselbe, die das Titelbild meines Kalenders AUGENBLICKE 2021 schmückt! Weitere Infos und Bestellen hier.
Wow, schöner Bericht und tolle Fotos
Merci Christoph! Isch ä coole Morge gsi 🙂
Spannender Bericht, ich musste schmunzeln. Mir ging es vor zwei Jahren genau gleich an diesem Spot, konnte auch bei der Hinfahrt das Brennen am Himmel sehen und schaffte es dann gerade noch rechtzeitig um ein paar Bilder zu machen. Aber dennoch ist es immer ein Kampf mit dem inneren Schweinehund, welcher lieber schläft oder herumliegt. 🙂
Haha, merci Christian, das tut gut zu hören 🙂