Ein Frühsommer mit dem Biber

Der Biber ist eine Art, die ich schon lange etwas ausgiebiger fotografieren wollte. Bisher hatte ich eher zufällige Begegnungen oder kannte einige Gewässer, wo man sie regelmässig vorbei schwimmen sieht. Doch diesen Frühsommer fand ich endlich einen Ort, wo ich ihr Treiben etwas intensiver beobachten und fotografieren konnte.

Und das Beste ist: dieser Ort ist wirklich nahe von mir zu Hause! Entsprechend habe ich die letzten Wochen und Monate viel Zeit dort verbracht und konnte richtig eintauchen in das Leben dieser Biberfamilie. Ich bildete mir auch ein, dass sie mit der Zeit meine Anwesenheit tolerierten und mich fast als neues Familienmitglied akzeptierten. Etwas schüchtern sind sie von Natur aus und behalten ihre Umgebung immer gut im Blick, aber allzu gross scherten sie sich eigentlich nicht mehr um mich. Sie hatten auch besseres zu tun: sowohl am Damm wie auch an der Burg gibt es immer etwas zu renovieren! Besonders anfangs Sommer sah ich sie also regelmässig auf dem Damm, was fotografisch ein Glücksfall war, da er sich wunderbar für Spiegelbilder anbot:

Normalerweise sind Biber mehrheitlich nachtaktiv. Sie können dabei relativ grosse Reviere abwandern und knabbern vor allem Bäume und Äste an. Das Holz brauchen sie sowohl als Baumaterial wie auch als Nahrung (besonders die Rinde und kleinere Zweige). Mit Dämmen stauen sie Fliessgewässer, damit sie den Wasserspiegel vor ihrer Burg erhöhen können. Sie soll nämlich Eingänge über und unter Wasser haben, damit sie von allen Seiten her eine gute Rückzugsmöglichkeit haben. Sowohl Nagen als auch Stauen sind Gründe, weshalb Biber besonders bei manchen Landwirten oder Förster nicht so gerne gesehen sind. Nicht umsonst nennt man die Nager auch Landschaftsarchitekten: sie können eine Gegend tatsächlich innert weniger Wochen komplett umgestalten. Dies sieht man beispielsweise wunderschön in Kanada, wo aber im Vergleich zur dicht besiedelten Schweiz halt noch viel mehr unverbaute Natur vorhanden ist und der Biber mit seinem Verhalten auch sehr viel für die Biodiversität beisteuert. Umso schöner, dass ich bei mir um die Ecke ein Plätzchen gefunden habe, wo man ihn auch weitestgehend machen lässt.

Wenn die Tage länger werden, kann man Biber oft auch schon in den frühen Morgenstunden oder am Abend, wenn es noch hell genug zum fotografieren ist, beobachten. Die Monate Mai, Juni und Juli finde ich dafür ideal. Sieht man einmal von der veritablen Mückenplage ab, die man halt an einem Gewässer zu dieser Jahres- und Tageszeit auch hat… Ich hatte übrigens dort auch etwas experimentiert mit Mückenspray, hatte aber das Gefühl, dass die Biber dies sehr gut riechen konnten und ein bisschen irritiert waren davon, weshalb ich es dann wieder bleiben liess. Für schöne Bilder muss man halt manchmal etwas leiden… Aber dafür ist es mir tatsächlich gelungen, ein paar Fotos mit schönem Abendlicht aufzunehmen:

Ich bin mir bis heute nicht sicher, wie viele Mitglieder die Familie genau hat. Ich tippe auf fünf bis sechs. Die meisten Biber, die ich gleichzeitig vor mir schwimmen sah, waren drei Stück. Zudem konnte ich einige immer wieder identifizieren: eine sehr grosse Bibermutter war an ihren Zitzen gut erkennbar und zog vermutlich im Bau Junge gross. Ein anderer, recht grosser Biber hatte im Schwanz einen kleinen Hick, den ich manchmal, wenn er an Land ging, auch zu Gesicht bekam. Jungtiere von diesem Jahr habe ich übrigens noch keine gesehen. Wahrscheinlich wäre die Zeit für erste Streifzüge der Kleinen schon langsam reif und vielleicht wird es in den nächsten Wochen ja noch was. Auch wenn ich, auf Grund anderer Projekte, leider nicht mehr so oft hingehen kann wie die letzten Monate…

Fotografiert habe ich ausschliesslich mit der Canon R5 und dem RF 400mm f/2.8. Die hohe Lichtstärke ist natürlich in der Dämmerung ein Segen und auch von der Brennweite her fand ich es ideal. Je nach dem, wie nahe die Biber kamen oder welche Wege sie geschwommen oder gewatschelt sind, konnte ich sowohl Portraits als auch Habitatsaufnahmen machen. Die ersten paar Male habe ich mich noch unter einem Tarnnetz versteckt, worauf ich mit der Zeit dann aber verzichtete. Stattdessen setzte ich mich einfach in Tarnkleidung (inklusive Handschuhe und Gesichtsmaske – schon nur wegen der Mücken!) ruhig ans Ufer und war so auch etwas flexibler und konnte schneller reagieren. Ein, zwei Mal waren wir sogar zu zweit dort, was die Biber auch gut toleriert haben.

Zum Schluss möchte ich noch einmal das Thema Biodiversität aufgreifen. Ob es nun am Biber liegt oder am Fakt, dass ich über mehrere Wochen immer wieder an den selben Ort ging (oder vermutlich eine Kombination aus beidem): ich war echt erstaunt, wie viele Tiere ich dort auf kleinstem Radius gesichtet habe! Da wären zum einen diverse Vögel wie Graureiher, Störche, Milane oder mich für sehr fotogene Arten wie Schwarz- und Buntspecht und der winzige, aber stimmgewaltige Zaunkönig. Mindestens zwei Entenfamilien wohnten ebenfalls im vom Biber gestauten See und führten kleine Kücken. Neben den Mücken machten mir zunächst die in der Nähe nistenden Hornissen etwas Sorge. Doch ich merkte schnell, dass die überhaupt nicht aggressiv waren, im Gegenteil, ich fand sie mit der Zeit sogar cool zu beobachten! Auch andere Säugetiere waren natürlich vertreten, von kleinen Mäusen (die genaue Art weiss ich leider nicht – evtl. kann sie jemand anhand des Bildes unten bestimmen?) über Eichhörnchen bis zu Rehen. Und dann gab es noch zwei ganz besondere Highlights: einerseits Füchse! Immer wieder Füchse – ich liebe sie einfach! Es waren mindestens drei erwachsene Tiere hier im Revier, die ich zweifelsfrei unterscheiden konnte: eine säugende Fähe, ein Rüde mit schönem Fell und ein etwas zerzuselter Rüde mit ungleich grossen Ohren. Und das coole war: sie nutzten den Biberdamm tatsächlich als Wildwechsel! Das erste mal dachte ich noch, es sei ein lustiger Zufall, aber nein, es war wirklich ihr bevorzugter Weg – na klar, warum auch nicht, sicher angenehmer als schwimmen… Und den zweiten Höhepunkt konnte ich leider nicht fotografisch festhalten, weil es nur einen Bruchteil einer Sekunde dauerte: eines Abends starrte mich plötzlich ein Marder aus nächster Nähe an! Ich bin unsicher, ob es ein Baum- oder ein Steinmarder war, aber so oder so war es für mich eine Erstsichtung, an der ich wahnsinnig Freude hatte! Und scheinbar waren wir beide gleichermassen verblüfft über unsere gegenseitige Entdeckung…

Ich hoffe, euch hat dieser Einblick in mein kleines Frühsommer-Projekt gefallen! Ich werde die Biber sicher wieder ab und zu besuchen, doch momentan zieht es mich eher hoch in die (kühlen!) Berge!

8 Kommentare

  1. Simone
    16. Juli 2023
    Antworten

    Wow!!! Soooooo herrlich tolle Bilder. Danke fürs Teilen 🙂

    • 17. Juli 2023
      Antworten

      Vielen lieben Dank Simone, freut mich!

    • 19. Juli 2023
      Antworten

      Merci Sandra für den Besuch und den netten Kommentar! 🙂

  2. Susanne Stöckli
    19. Juli 2023
    Antworten

    Schöner Einblick! Mir gefallen natürlich besonders die gepfützten Biber… 😉

    • 19. Juli 2023
      Antworten

      Haha, das war klar 😀
      Merci viu mau!

  3. Mary
    18. August 2023
    Antworten

    Danke für die interessanten Einblicke in deine Arbeit. Soooo tolle Fotos.

    • 19. August 2023
      Antworten

      Vielen lieben Dank Mary, das freut mich sehr 🙂

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