Kea: verspielter Bergpapagei

“Keee-aaaah” krächzt es aus der Felswand hinter uns. Das orangfarbene Gefieder an der Flugelunterseite verrät die sonst gut getarnten Vögel im Flug. Wenig später landen sie: der eine wenige Meter vor uns auf dem Parkplatz, der zweite – offensichtlich der frechere – direkt auf dem Dach unseres Campervans!

Ich kann mich noch gut erinnern, wann ich zum ersten Mal einen Kea sah. Es war ebenfalls auf dem Weg zum Milford Sound, am Parkplatz beim Homertunnel. Dieser Tunnel ist nur einspurig befahrbar und so stauen sich an beiden Enden regelmässig wartende Autos. Und daran finden die verspielten Bergpapageie offenbar gefallen. So mancher Scheibenwischer oder Gummiabdichtung ist ihnen, respektive ihrem scharfen Schnabel, wohl schon zum Opfer gefallen.

Ich habe zu dieser Zeit noch nicht ernsthaft fotografiert und somit neben der schönen Erinnerung “nur” ein paar Schnappschüsse dieser hübschen Vögel mitgenommen. Darum stand für dieses Mal ein schönes Kea-Portraitfoto ganz oben auf meiner Wunschliste.

Gross war dann zunächst die Enttäuschung, als sich beim erwähnten Parkplatz auch nach längerer Wartezeit kein einziger Vogel blicken liess. Zwar liessen “Do not feed the Kea”-Hinweistafeln doch auf ihre Präsenz hindeuten, aber mir kamen dennoch Zweifel, liegt mein letzter Besuch hier doch schon fast 10 Jahre zurück. Wer weiss, wie sich der Bestand dieser leider selten gewordenen Vögel in der Zwischenzeit verändert hat? Geschätzte 1000 bis 5000 Exemplare gibt es heute nur noch, nach dem bis in die 70er-Jahre über 150’000 Tiere abgeschossen wurden; grösstenteils von Farmern, die um ihre Schafe fürchteten. Mittlerweile sind die Tiere geschützt und das DOC engagiert sich mit umfangreichen Aufklärungskampagnen für die drei in Neuseeland endemischen Papageiarten (neben dem Kea gibt es noch den etwas grösseren Kaka und den akut vom Aussterben bedrohten Kakapo, ein flugunfähiger Riesenpapagei). Neben dem Mensch selbst setzten ihnen – wie den meisten anderen neuseeländischen Vogelarten – die eingeschleppten Raubtiere (Possum, Ratten, Wiesel aber auch Haustiere wie Katzen und Hunde) zu, denen sie wehrlos ausgesetzt sind.

Zum Glück bleiben wir einige Tage im Fiordland Nationalpark und können so später erneut einen Versuch starten, die Keas zu finden. Und dieses Mal mit Erfolg: auf einem kleinen Parkplatz entlang der Bergstrasse haben sich zwei Tiere zu uns gesellt. Offenbar mögen sie uns, denn sie bleiben eine ganze Weile, untersuchen unseren Campervan und unser ganzes Equipment genaustens. Einer der beiden scheint gefallen an den wenigen rötlichen Kieslsteinchen gefunden zu haben, pickt explizit diejenigen auf und bringt sie immer wieder in unseren Van. Als ob er uns die hübschesten Steinchen suchen & schenken würde!

Der andere stellt sich als perfektes Portraitmodell heraus. Er posiert wunderbar für mich und mir gelingen die erträumten Aufnahmen. Als sich dann irgendwann ein Reisebus mit asiatischen Touristen (“is this a kiwi?” – es tut mir leid, aber da konnte ich mir das Lachen wirklich fast nicht mehr verkneiffen…) zu uns gesellt, wurde es den beiden Keas wohl zu bunt. Sie fliegen zurück in die Felswand, mein Blick folgt ihnen, so lange ich die orangen Federn erspähen kann. Als sie landen, verliere ich sie kurzum aus den Augen – machts gut, kleine Bergpapageien, danke für den Besuch!

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