Eagle Action!

“Fish is out!” ruft Kapitän Ole. Für uns das Zeichen, uns und unsere Kameras bereit zu machen, während Ole das kleine Boot geschickt ins richtige Licht manövriert. Und dann geht es ganz schnell: der mächtige Seeadler spreizt seine Flügel, fährt die Krallen aus und stürzt sich in die Tiefe. Die Kameras klicken in Dauerfeuer und alle hoffen, dass der Autofokus mitgespielt hat…

Da muss man schon ehrlich sein: diese Art von Actionfotografie produziert enorm viel Ausschuss. Da sind die Adler selbst viel treffsicherer. Nur ganz selten erwischen sie den Fisch nicht oder müssen ihn sich gar von einem frechen Artgenossen abluchsen lassen. Einen Seeadler in freier Wildbahn sah ich letzten Winter auf den Lofoten zum ersten Mal und war sofort fasziniert von seiner Erhabenheit. In den Fjorden von Flatanger leben rund 30 Brutpaare dieser majestätischen Raubvögel. “Eagle Man” Ole kennt sie alle und bringt uns mit seinem Boot in Fotodistanz. Für mich eine etwas andere, man möchte fast sagen, bequemere Art der Tierfotografie, als ich sie normalerweise kenne und praktiziere.

Dafür ist für mich auf der technischen Seite vieles Neuland. Generell ist die Vogelfotografie ja nicht gerade meine Königsdisziplin. Ich empfinde es als etwas vom schwierigsten überhaupt und meistens habe ich nur Schwanzfedern auf dem Bild… Und nun sollen wir also diese mächtigen Raubvögel fotografieren und das erst noch von einem wackeligen Boot aus! Doch wie sich bald herausstellt, ist auch das reine Übungssache. Und wir haben Glück mit dem Wetter: der Wellengang hält sich sehr in Grenzen und wir kommen in den Genuss von weichem Morgenlicht und genialen Abendstimmungen. Ich muss zugeben, dass ich im Vorherein nicht daran geglaubt hätte, mit solch einer fotografischen Ausbeute heimzukehren:

 

Zum Thema Baiting

Vor einigen Monaten ging ein Aufschrei durch die Sozialen Medien, weil in einem renomierten Fotowettbewerb ein Bärenbild gewonnen hat, das offensichtlich von einem Ort stammt, wo die Tiere für Fotografen angefüttert werden. Ich habe zwar damals nicht geschrien, aber mir auch so meine Gedanken gemacht. Und nun sitze ich quasi im “selben Boot”, und zwar in einem, wo Adler mit toten Fischen angefüttert werden. Im Gegensatz zu den Bären, die Keckse oder Küchenabfälle bekommen, handelt es sich hier immerhin um des Adlers natürliche Beute – aber dennoch wird er dadurch angelockt zum Zwecke eines möglichst spektakulären Bildes. Was sind die Folgen davon? Verlieren Tiere so mit der Zeit ihren natürlichen Jagdtrieb? Oder haben sie einfach “Glück gehabt”, das ihnen ihr Essen speisefertig serviert wird? Rechtfertigt ein schönes Bild und der Gedanke, dass damit Menschen für die Natur begeistern werden unser “Eingreifen” darin? Und wo sind dann die Grenzen? Das extremste Beispiel, was ich gehört habe, sind Anfütterungen von Geiern mittels halb lebendigen und an Ketten angebundenen Tauben…

Mir fällt es schwer, zu diesem Thema eine eindeutige Meinung zu finden, respektive die ethischen Grenzen abzustecken und ich befinde mich oftmals in einem Dillemma. Wie seht ihr das? Gibt es klare Grenzen? Oder verachtet ihr jede kleinste Form von Baiting? Zählt darunter auch das Vogelhäuschen, das wir im Winter in den Garten stellen und nebenbei vielleicht eine Blaumeise oder ein Rotbrüstchen fotografieren können? Verliert ein Bild für euch an Wirkung, wenn ihr wisst, unter welchen Umständen es entstanden ist?

Schreibt es gerne in die Kommentare!

Ein Kommentar

  1. Barbara K
    31. Mai 2019
    Antworten

    Hallo Mel,

    Erst jetzt bin ich auf Deine interessante Website gestoßen, besser spät als gar nicht!

    Ein interessantes Thema, das Du hier ansprichst.
    Im Grunde denke ich, dass ein Vogelhäuschen zuhause bereits auch dazuzuzählen ist, aber hierbei geht es den wenigsten um spektakuläre Fotos von imposanten Wildtieren.

    Wenn es darum geht die seltenen und scheuen Wildtiere zu schießen, zu fotografieren, stehe ich der Sache sehr skeptisch gegenüber, da für einen Wildtierfotografen eben nicht nur die Arbeit an der Kamera dazu gehört, sondern auch die Vorbereitung, vielleicht Kenntnis der Gegend, das Auseinandersetzen mit Tier+Umgebung und, vor allem, die Geduld.
    Ich war selbst in Norwegen zur Adlerfotografie und es ist dort durchaus möglich auch spektakuläre Fotos ohne Anfütterung zu machen, das Setting ist dann eben etwas anderes.

    Ich selbst würde kein derartiges Foto bei einem Wettbewerb einreichen, dazu wäre ich zu stolz. Statt dessen erfreue ich mich an meinen “ehrlich” erworbenen Tier-Fotos.

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