Wo das Wallis am Schönsten ist

Während viele Menschen einen Hausberg haben, habe ich gleich ganze “Haus-Halden” – nämlich die Sonnigen Halden nördlich des Rhonetals. Bereits als Dreikäsehoch hat mich mein Vater regelmässig über die Lötschberger Südrampe gejagt. Doch diese im Vergleich zu Hotspots wie Zermatt, Saas Fee, Leukerbad oder Crans Montana eher unbekannte Walliser Gegend hat noch weit mehr zu bieten. Eine kleine Hommage an mein zweites Zuhause!

Wiwannihorn

Lötschberger Südrampe

Der Klassiker gleich zuerst, bietet er doch den idealen Einstieg für Neulinge. In weniger als 1,5 Stunden bringt einem der BLS-Lötschberger von Bern direkt nach Hohtenn. Von dort geht es zu Fuss weiter über den bestens markierten Höheweg, welcher immer wieder die Bahnlinie kreuzt. So ist beispielsweise das imposante Bietschtalviadukt auch Teil des Weges, was schon mal zu wackeligen Beinen führen kann, insbesondere wenn man die Brücke gleichzeitig mit einem Zug überquert. Wem dies nicht ganz geheuer ist, kann das Viadukt via einem etwa 30-minütigen, landschaftlich sehr schönen, Umweg umgehen. Überhaupt bieten sich auf der ganzen Route die ein oder anderen Abstecher und Zusatzschlaufen an. Besonders hervorzuheben wäre hier die Jolital-Hängebrücke, wo wir aber wieder beim Thema “Schwindelfreiheit” sind.

Nach rund 3 Stunden erreicht man Ausserberg. Dort kann man entweder wieder den Zug retour nehmen, oder noch die Etappen Eggerberg und Lalden anhängen. Die ganze Strecke kann natürlich auch in umgekehrter Richtung begangen werden. In letzter Zeit habe ich vermehrt auch Biker auf dem Höheweg angetroffen, was sicherlich seinen Reiz hat, wohl aber eher etwas für Fortgeschrittene ist.

Obwohl der Weg von der BLS unterhalten und stark beworben wird, eignet er sich nicht nur für “Ferrophile”. Neben der schönen Wegführung und der weiten Aussicht ins Rhonetal mit den umliegenden Berggipfel ist vorallem der praktisch garantierte Sonnenschein Trumpf. Auch die Pflanzen- und Tierwelt hat vieles zu bieten, doch dazu mehr im nächsten Kapitel. Abschliessend bleibt zu erwähnen, dass die Südrampe rege begangen wird und für einen ruhesuchenden Wanderer ein Wochentag sicherlich eher zu empfehlen ist.

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Flora und Fauna

Das Rhonetal ist ein klassisches Föhntal und die Sonnigen Halden gehören zu den niederschlagsärmsten Zonen der Schweiz. Dies hat ein alpin-mediterranes Klima zur Folge mit einer Fülle von seltenen Pflanzenarten. Zuweilen fühlt man sich eher in Spanien oder in der Provence als in den Walliser Alpen. Spätestens aber wenn unverhofft ein Steinbock den Weg kreuzt, weiss man wieder, dass man zu Hause ist. Da man sich weitgehend im UNESCO Welterbe “Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch” und somit in Jagdbanngebiet bewegt, sind Begegnungen mit Grosswild, besonders etwas Abseits des vielbegangenen Höhenweges, keine Seltenheit. Des weiteren wärmen sich tausende von Eidechsen auf dem warmen Gestein und besonders im Frühling flattern die Schmetterlinge in aller Farbenpracht.

Neben den Wildtieren heben sich auch die Nutztiere, die man in und um die kleinen Dörfer antrifft, etwas vom Schweizer Durchschnitt ab. So sind die Schafe und Ziegen nicht einfach gemeinhin weiss, sondern schwarz-weiss und heissen passenderweise Walliser Schwarznasenschaf oder Walliser Schwarzhalsziege. Dass ich an letzteren etwas den Narren gefressen habe, dürfte dem ein oder anderen Leser bereits aufgefallen sein 😉

 

Suonen und wilde Seitentäler

Meine eigentliche Faszination gilt den vier unberührten Bergtälern Jolital, Bietschtal, Baltschiedertal und Gredetschtal. Im Volksmund „verlorene Täler“ genannt, verlaufen sie geradlinig vom mächtigen Bietschhornmassiv hinunter ins Rhonetal. Dort findet man vorallem eines: Einsamkeit in wildromantischer Szenerie.

Unzählige Wege und Pfade, ja sogar Stollen, führen in die Täler. Am attraktivsten sind zweifelsfrei die zum Teil luftigen Stege entlang der Suonen. Das Begehen dieser historischen Wasserleitungen erfreut sich bei Insidern grosser Beliebtheit; so gibt es beispielsweise eine eigene Suonen-Community auf hikr.org, diverse Bücher und Homepages und seit diesem Jahr sogar ein Suonen-Museum (allerdings in Botyre, was nicht ganz in dieser Region, sondern in der Nähe von Sion, liegt).

Auch mich haben die Wässer-Wasser in ihren Bann gezogen und ich möchte euch besonders die Wyssa Suon im Gredetschtal und das bekanntere Niwärch im Baltschiedertal ans Herz legen. Beide erfordern jedoch ein gutes Mass an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit (T4). Für etwas schwächere Nerven bietet beispielsweise die Undra eine schöne Alternative.

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Lohnendes Hüttenziel

Eine meiner Lieblingsberghütten liegt ebenfalls an den Sonnigen Halden: die Wiwianni Hütte. Zwar dauert der Aufstieg von Ausserberg schweisstreibende 5 Stunden, doch kaum eine andere Hüttenterrasse bietet meiner Meinung ein schöneres Panorama. Und auch die Rösti ist spitze!

Der Wanderer kann sich gleich neben der Hütte den 2741 Meter hohen Gipfel “Roti Chüe” holen, während der Kletterer sich am Wiwannihorn austoben kann. 44 Schlafplätze laden anschliessend zur Übernachtung an diesem schönen Fleckchen ein. Die Hütte eignet sich aber auch als Tagesziel, zumal sie wegen der sonnigen Lage verhältnismässig lange (i.d.R. von April bis Ende Oktober, im Zweifel telefonisch nachfragen) geöffnet hat.

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Safrandorf Mund

Und zum Schluss noch ein etwas überraschendes Thema, welches mit einer Kindheitserinnerung beginnt: immer im Herbst machte mein Grossvater einen Ausflug ins Wallis und brachte knallgelbe Safranzüpfe mit nach Hause. Irgendwann fragte ich, wo genau den dieser Safran herkomme und er meinte aus Mund. Ich dachte im ersten Moment an einen der üblichen Scherze von ihm, fand dann aber wenig später raus, dass es dieses Dorf tatsächlich gibt.

Mund ist der einzige Ort in der Schweiz, in dem nach jahrhundertelanger Tradition heute noch das kostbare Gewürz angebaut und kultiviert wird. Mitte bis Ende Oktober kann man die violetten, krokus-ähnlichen Pflanzen auf streng bewachten Feldern in und um Mund herum bewundern. Jede dieser Pflanzenblüten trägt drei Fäden, welche noch am Erntetag aus der Blüte rausgepuhlt werden müssen – von Hand, versteht sich. Eine unglaubliche Sisyphusarbeit, welche den hohen Preis für Safran erklärt.

Weniger mühsam als die Safranernte ist es, Safranspezialitäten zu geniessen. Dies tut man am Besten gleich vor Ort, im Restaurant Salwald.

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Fazit

Wie man sieht, haben die Sonnigen Halden einiges zu bieten und ich durfte bereits viele sonnige Tage dort erleben. Doch das Beste daran ist: noch immer ist die To-Do-Liste lang! So gibt es beispielsweise den Baltschiederklettersteig, der noch begangen werden will oder die Baltschiederklause SAC, welche bestimmt ein weiteres lohnendes Hüttenziel ist. Ich frage mich, ob eine Winterbegehung der Lötschberger Südrampe mit Schneeschuhen machbar wäre? Auch auf der Alp Tatz war ich bisher noch nie und eine knallgelbe Safranzüpfe habe ich auch seit Jahren nicht mehr verputzt… Höchste Zeit, bald wieder durch den Lötschbergtunnel zu fahren!

 

 

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4 Kommentare

  1. 11. Dezember 2012
    Antworten

    Gut gemacht Melanie…gratuliere.
    Der Link zur Wiwannihütte funktioniert leider nicht!
    Liebi Grüess
    Bidi

    • 11. Dezember 2012
      Antworten

      Hoi Bidi
      Merci für Deinen Besuch, das freut mich wahnsinnig 🙂 Und das, obwohl kein Foto vom Bietschi drauf ist… aber ich habe leider wirklich (noch) kein gescheites gefunden.
      Und danke für den Hinweis wegen dem Wiwanni-Link; ist korrigiert!
      Liebe Grüsse
      Mel

  2. CarpeDiem
    11. Dezember 2012
    Antworten

    Hey Mel,

    Du hast sie sehr schön beschrieben und vielfältig bebildert, die sonnigen Halden. Gefällt mir.

    Liebe Grüsse
    Anne-Catherine

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