Im Schwarzwald den Jackpot geknackt!

“Gibt es hier in der Nähe Orte, wo oft Wildtiere gesehen werden?” frage ich unsere sympathischen Hoteliers. Es sei schade, dass die Kühe seit dieser Woche bereits wieder auf den Weiden seien, denn zuvor kamen dort bei Dämmerung jeweils die Rehe raus, antworten sie mir. “Ah und da gibts diese eine Wanderung, wo manche Gäste angeblich schon mal einen Auerhahn gesehen haben”….

Nun gut, wandern klingt bei dem Wetter ja nach einem guten Plan und wer weiss, vielleicht haben wir ja Glück! Andererseits: ich kenne im Berner Oberland mindestens drei Gebiete, wo “angeblich auch schon mal Auerhähne gesichtet worden sind” – gesehen habe ich selbst dort noch nie etwas…

Lohnend ist es so oder so: gerade jetzt im Frühling sind die Wälder einfach wunderschön und voller Leben! Je höher wir gelangen, desto atemberaubender wird die Aussicht und plötzlich finden wir uns in einem Hochmoor wieder, welches mich fast ein bisschen an Schweden erinnert. “Eigentlich schon ein gutes Habitat für Raufusshühner” denke ich mir. Ein paar Kilometer später machen wir kurz eine Trinkpause und ich lasse dabei meinen Blick einmal rund um mich schweifen – gedankenlos, wie ich es so oft tue draussen in der Natur. Doch plötzlich bleibt er an einem grösseren Stein hängen: Das sieht aus wie… das gibts doch nicht!!! Das ist doch tatsächlich eine Schwanzfeder! “Hier ist er” rufe ich und meine Stimme überschlägt sich schier vor Freude und Aufregung!

Natürlich hat er uns auch bemerkt und stolziert nun nicht mehr hinter, sondern auf dem Stein herum. Seinen Schwanz hat er mittlerweile zu einem Fächer geformt und seinen Hals streckt er immer wieder glucksend in den Himmel hoch. Dieses Verhalten ist typisch für einen balztollen Hahn und so faszinierend es anzuschauen ist, es heisst für uns vor allem auch: Vorsicht! Auerhähne sind bekannt dafür, in dieser Phase nicht nur Artgenossen als “Konkurrenten” anzusehen sondern alles was sich bewegt – also auch unvorsichtige und zu aufdringliche Fotografen! Ich gehe also sehr vorsichtig und mit viel Respekt ans Fotografieren und halte immer schön Sicherheitsabstand, denn mit seinen scharfen Krallen und dem picksigen Schnabel will ich keine nähere Bekanntschaft machen.

An Selbstbewusstsein mangelt es dem Kerlchen definitiv nicht, denn er nähert sich uns von sich aus immer wieder – mal glucksend, mal nur scheinbar neugierig, um dann auch wieder Pausen von seinem Imponiergehabe zu machen und einfach gemächlich an den Heidelbeersträuchern zu picken. Einmal verschwindet er sogar für längere Zeit wieder hinter seinem Stein, vermutlich um einen kurzen Powernap zu machen. Wir haben insgesamt gute zwei Stunden in seiner Nähe verbracht und ich bin froh, das RF100-500mm an der R5 mit dabei zu haben. So gelingen mir aus sicherer Entfernung und mit der Möglichkeit, im Nachhinein etwas zu croppen, Portraitaufnahmen und sogar ein paar Gefieder-Details:

Hätte mir das jemand heute morgen beim Start unserer Wanderung vorausgesagt, ich hätte ihn wohl nicht für voll genommen! Während man andere Raufusshühner wie Birkhühner oder Schneehühner doch ab und zu in ihrem Lebensraum antreffen kann, leben Auerhühner dagegen sehr heimlich und es ist eigentlich wirklich erstaunlich, dass man so einen grossen Vogel kaum jemals zu Gesicht bekommt. Aber genauso wie bei uns in der Schweiz ist das Auerhuhn leider auch in Deutschland sehr selten geworden und die Bestände nehmen Jahr für Jahr ab. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Lebensraumverlust über die Zunahme von Fressfeinden bis hin zu Störungen von uns Menschen durch Freizeitaktivitäten wie etwa Mountainbiken oder Skitouren. Ein grosser Faktor ist auch die Klimaerwärmung, welche dafür sorgt, dass sich die Vegetation nach und nach verändert. Buchen beispielsweise wachsen immer mehr und stärker, bedecken den Waldboden und verdrängen andere Gewächse wie etwa Heidelbeersträucher, die dem Auerhuhn als Nahrung dienen. Es braucht also wieder mehr lichte Waldflächen, wo die Vögel möglichst störungsfrei leben und ihren Nachwuchs aufziehen können. Dafür setzt sich beispielsweise die Allianz Auerhuhn Schwarzwald ein.

Auch wir wollen “unseren” Hahn nicht länger stören und packen langsam wieder zusammen. Ich habe zum Abschluss noch an ein paar Habitatsaufnahmen gemacht und versucht, noch ein wenig Kreativität einfliessen zu lassen. Das Gelb stammt beispielsweise von blühendem Löwenzahn, der genug weit weg wächst, dass ich mich traue, dort flach hin zu liegen und ihn in den Vordergrund zu nehmen. Der Hahn hat sich in der Zwischenzeit wieder auf seinem Lieblingsstein positioniert und nach einigen Minuten dann auch den gefächerten Schwanz wieder eingeklappt. Wenig später habe auch ich den Objektivdeckel zugeklappt und den Rückweg angetreten. Während des Abstieges realisiere ich allmählich, was für eine fantastische Begegnung und welch ein Glück wir gerade hatten – wahrlich den Jackpot geknackt!

4 Kommentare

  1. Bernhard Stoll
    29. Mai 2023
    Antworten

    Wow, so eine schöne Begegnung! Toller Blogeintrag und wunderschöne Bilder. Ich bin noch nie ein Auerhahn begegnet. Irgendwann wird es noch klappen.

    • 30. Mai 2023
      Antworten

      Vielen lieben Dank Bernhard 🙂

  2. Rafaels Zwerger
    4. Juni 2023
    Antworten

    Ganz tolle Bilder!
    Mein Mann und ich durften auch schon eine solche Begegnung haben im Hochschwarzwald. So faszinierende Tiere!
    Rafaela Zwerger

    • 13. Juni 2023
      Antworten

      Vielen lieben Dank Rafaela! Eine Begegnung, die man nicht so schnell vergisst, gell! 🙂

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