Schwarzbären auf Vancouver Island

Auf Vancouver Island soll es angeblich ja keine Grizzlies geben – ich würde mich da nicht so sehr darauf verlassen, sind Bären doch hervorragende Schwimmer und das Festland teilweise nicht allzu weit weg… Was es aber ganz sicher gibt, sind Schwarzbären! Wir durften letzten Herbst unverhofft ein paar Tage mit ihnen verbringen – gerne zeige ich euch die dabei entstandenen Bilder.

Bereits als wir bei den Grizzlies im Great Bear Rainforest waren, stand auf einmal ein stattlicher, aber relativ schüchterner Bär am Ufer, der irgendwie anders aussah. “I don’t see his hump” meinte ein Fotograf neben mir und da wurde mir klar: es muss sich um einen Schwarzbären (ursus americanus) handeln! Anders als der Name vermuten lässt, variiert dessen Fellfarbe von schwarz über braun bis sogar weiss (die sogenannten Spirit- oder auch Kermode-Bären). In der Tendenz sind Schwarzbären kleiner als Grizzlies, doch es gibt auch richtige Mocken, genauso wie es eher kleinere Grizzlybären gibt. Die Grösse ist also auch kein verlässliches Unterscheidungsmerkmal. Und da wären wir beim vorhin erwähnten “hump” – dieser Buckel im Nacken, der nur Grizzlies tragen. Es ist, neben weiteren Merkmalen wie den Ohren (bei Grizzly klein & rundlich, bei Schwarzbären grösser und spitzig), den Krallen (bei Grizzly lang & hell, bei Schwarzbären kürzer & dunkel) und der Schnauze (bei Grizzly lang & “röhrenförmig”, bei Schwarzbären stumpf), das wohl Augenscheinlichste. Ach ja, und Grizzlies sind übrigens Braunbären (Ursus arctos), genauso wie unsere in Europa. Die Unterart “Ursus arctos horribilis” (=Grizzly) bezeichnet einfach alle in Nordamerika lebenden Braunbären – bis auf die riesigen Kodiakbären, welche nochmals als eigene Unterart (Ursus arctos middendorffi) geführt werden. Aber nun genug der Bärenkunde (mehr gibts sonst bei Interesse auf Wikipedia), hier das Foto vom erwähnten Schwarzbär:

Schwarzbär im Great Bear Rainforest

Es war das erste Mal überhaupt, dass wir hier, im Tal der Grizzlies, einen Schwarzbären gesehen haben. Und kaum hat er die anderen Bären etwas weiter flussabwärts erspäht, verschwindet er wieder im Dickicht. Er erfüllt somit das Klischee, welches sich bei all meinen bisherigen Begegnungen gefestigt hat: Schwarzbären sind deutlich schüchterner als Grizzlies! Ich konnte sie bisher immer nur zufällig, meist am Strassenrand oder beim Queren des Highways, erspähen und es blieb selten überhaupt Zeit für ein Foto. Somit ging mit diesem Bild schon ein kleiner Traum in Erfüllung.

Wenn ich damals schon gewusst hätte… Springen wir drei Wochen nach vorne. Wir sind mittlerweile auf Vancouver Island und unsere Reise neigt sich so langsam dem Ende zu. Nach fantastischen Tagen im Norden der Insel sind wir wieder südwärts unterwegs und queren eine Brücke. “Da war ein Bär unten im Wasser” rufe ich. Wir halten an, laufen zurück und der Bär ist – natürlich – weg. Ich muss mir schon wieder anhören, dass ich mir Bären einbilde, als ich plötzlich das Dickicht am Ufer verdächtig bewegen sehe. Na also, da ist er ja wieder! Fotos gibts jedoch keine, zu weit weg und zu dunkel ist es. Doch wir realisieren, dass direkt am Ufer dieses Flusses ein Campingplatz liegt. Ohne lange zu überlegen, quartieren wir uns dort ein und erwischen sogar noch die letzte Site direkt am Fluss. Ausser uns sind praktisch nur Fischer da und das hat einen guten Grund: der Fluss ist voller Lachse. Und wo Lachse sind, sind auch Bären…

Fetter Fang: Schwarzbär mit riesigem Lachs

Was soll ich sagen – die nächsten Tage entpuppen sich als reinster Jackpot. Wir sitzen einfach entspannt vor unserem Camper und warten, bis der nächste Bär im Flussbeet vorbei zieht auf der Jagd nach Lachsen. Wenn sie auf “unserer” Uferseite sind, gehen wir etwas auf Abstand, doch meistens wechseln sie von sich aus die Flussseite, sobald sie uns bemerken. Wie gesagt, sie sind eher schüchtern und immer defensiv.

Mit der Zeit kennen wir die vorbeiziehenden Bären. Es sind etwa eine Handvoll Individuen – ein sportlicher Jungspund, ein gemütlicher Balu oder einer, dem am Hinterteil ein Stück Pelz fehlt. Und das besondere Highlight: eine Bärin mit zwei Jungtieren. Wenn die Drei auftauchen, schlägt mein Herz immer besonders hoch! Gibt es etwas herzigeres als junge Bärchen?! Und als wäre das alleine nicht schon genug, bieten sie auch noch eine richtige Show! Die Mutter braucht wohl mal eine Pause vom ewigen Schabernack der Kleinen und schickt sie einen Strauch hoch zum Beeren pflücken – direkt gegenüber von uns! Während Mamabär sich also ein Nickerchen gönnt, können wir entzückt mitverfolgen, wie die Kleinen rumklettern und Beeren fressen. Entgegen meinen ständigen Befürchtungen machen sie das erstaunlich geschickt und stürzen – gottseidank – nicht ab.

Kletterbär

So haben wir unverhofft unsere Reise nicht nur mit Bären begonnen, sondern auch mit Bären abgeschlossen. Während wir den Besuch der Grizzlies bereits im Vorfeld genau geplant und uns monatelang darauf gefreut haben, sind uns die Schwarzbären mehr oder weniger per Zufall vor die Füsse gelaufen. Rückblickend die perfekte Kombination und eigentlich für mich auch ein schöner Spiegel fürs Reisen UND fürs Fotografieren – ich möchte bei beidem weder das eine noch das andere missen!

In der nachfolgenden Gallerie zeige ich gerne noch ein paar Bilder, die während den Tagen bei den Schwarzbären entstanden sind. Ein kurzer Zusammenschnitt einiger iPhone-Videos, unter anderem auch der kleinen Kletterbären, gibts auf Youtube. Und weitere Fotos von braunen und schwarzen Bären aus Alaska und Kanada gibts in meinem Portfolio – Viel Spass beim Betrachten!

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